Recht

Ein Beitrag von Dr. Eva Bachofner
Gerichtspräsidentin, Zivilgericht Basel-Stadt

Im Schuldrecht gilt der Grundsatz «Geld hat man zu haben». Gemeint ist, dass Geldschulden auch dann bestehen bleiben, wenn es für den Schuldner unmöglich ist oder unmöglich geworden ist, diese zu begleichen. Rechtlich gibt es keine «Entschuldigungsgründe» dafür, wenn eine Geldschuld nicht fristgerecht bezahlt wird.

Zinsen und weitere Kosten lassen Schulden wachsen

Wenn jemand einer Zahlungspflicht nicht rechtzeitig nachkommt, so kann es für diese Person schnell teuer werden: Ab dem Moment, wo eine Zahlungsfrist abgelaufen oder der Schuldner gemahnt worden ist, beginnen sich auf die Schuld zusätzlich Verzugszinsen in der Höhe von 5% anzuhäufen (Art. 104 Abs. 1 OR). Unter Umständen hat sich die zahlungspflichtige Person vertraglich sogar zu einem höheren Verzugszins verpflichtet. Bei Konsumkrediten nach dem Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG) gilt derzeit ein Höchstzinssatz von 10% pro Jahr bei Barkrediten und 12% pro Jahr bei Überziehungskrediten. Auch gelten im öffentlich-rechtlichen Bereich allenfalls besondere Verzugszinssätze: So beträgt der Verzugszins für Steuerschulden im Kanton Basel-Stadt 3% auf kantonale Steuern und 4% auf Bundessteuern.

Zusätzlich zu Zinsen kann man zur Bezahlung von Verspätungs- und Verzugsschäden verpflichtet werden (Art. 103 Abs. 1 und Art. 106 OR). Beauftragt der Gläubiger ein Inkassounternehmen mit dem Eintreiben der Schulden, so fordert dieses vom Schuldner oft hohe Inkassogebühren. Bei diesen Inkassogebühren ist häufig fraglich, ob sie tatsächlich rechtlich geschuldet sind. Nicht selten hat sich der Schuldner jedoch durch die Annahme von entsprechenden Vertragsbedingungen dazu verpflichtet, bestimmte Verspätungs- und Verzugsschäden zu übernehmen, z. B. Mahnkosten und weitere Umtriebsentschädigungen.

Ratenzahlungen lassen Schuldenberge kaum schrumpfen

Das Gesetz sieht vor, dass Ratenzahlungen (Teilzahlungen) zum Begleichen bestehender Schulden immer zuerst an den aufgelaufenen Zins und die Kosten angerechnet werden. Erst wenn Verzugszins und Kosten vollumfänglich beglichen sind, wird die ursprüngliche Schuld abgetragen (Art. 85 Abs. 1 OR). Und auf diese fallen natürlich fortlaufend weiter Verzugszinsen an. Beträgt die Schuld beispielsweise 80’000 Franken, so fallen bei einem Verzugszinssatz von 5% pro Jahr Verzugszinsen in Höhe von 4’000 Franken an. Ratenzahlungen müssen daher zuerst diesen Betrag und jenen für geltend gemachte Verzugskosten übersteigen, bevor sie effektiv beginnen, den Schuldenberg abzutragen.

Stark überschuldete Personen sehen sich daher häufig mit der Situation konfrontiert, dass sie es trotz monatlicher Ratenzahlungen kaum mehr schaffen, die ursprünglichen Schulden abzuzahlen. Bei einer ratenweisen Begleichung über einen längeren Zeitraum gerade mit kleinen Raten übersteigt die Summe der notwendigen Zahlungen die ursprüngliche Schuld regelmässig bei Weitem.

Weitreichende rechtliche Konsequenzen von Schulden

In bestimmten Rechtsverhältnissen ziehen Schulden zusätzliche schwerwiegende rechtliche Folgen nach sich. Dazu exemplarisch folgende praxisrelevanten Beispiele:

  • Kommt der Mieter einer Wohnung oder eines Geschäftsraums mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug, so kann ihm sein Vermieter schriftlich unter Kündigungsandrohung eine Zahlungsfrist von 30 Tagen setzen. Wird der ausstehende Mietzins auch innert dieser 30 Tage nicht vollständig beglichen, so kann der Vermieter den Mietvertrag ausserordentlich mit einer verkürzten Kündigungsfrist von 30 Tagen auf das Ende des nächsten Monats kündigen (Art. 257d OR). Eine solche Kündigung ist auch bei befristeten Mietverhältnissen und während einer Sperrfrist möglich (Art. 271a Abs. 3 lit. b OR). Eine Erstreckung des Mietverhältnisses ist in diesen Fällen ausgeschlossen (Art. 272a Abs. 1 lit. a OR). Bei Mietausständen kann der Mieter daher sehr schnell seine Wohnung verlieren. Schulden (insbesondere Mietschulden) erschweren zudem die Wohnungssuche ganz erheblich, da potenzielle Vermieter mit der Bewerbung regelmässig einen Betreibungsregisterauszug wünschen.
  • Auch Schulden bei der Krankenkasse können besondere negative Konsequenzen haben: Bezahlt der Versicherte seine Prämien oder Kostenbeteiligung nicht, so muss der Krankenversicherer von Gesetzes wegen nach mindestens einer schriftlichen Mahnung und einer Zahlungsaufforderung die Betreibung gegen den Schuldner einleiten (Art. 64a Abs. 2 KVG, neu darf eine Person von der Krankenversicherung aber nur noch höchstens zweimal pro Kalenderjahr für Ausstände betrieben werden). Sodann ist ein Wechsel zu einer anderen (unter Umständen günstigeren) Krankenkasse gesetzlich ausgeschlossen, solange beim aktuellen Versicherer Zahlungsausstände bestehen (Art. 64a Abs. 6 KVG). Ausserdem haben die Kantone die Möglichkeit, «schwarze Listen» zu führen, auf denen Personen vermerkt werden, die ihrer Prämienpflicht trotz Betreibung nicht nachkommen. Die Krankenversicherer müssen für die darauf vermerkten Personen nur noch für Notfallbehandlungen aufkommen (Art. 64a Abs. 7 KVG). Viele Kantone haben solche «schwarzen Listen» nie eingeführt oder in den letzten Jahren abgeschafft. Sie bestehen derzeit aber noch in den Kantonen Aargau, Zug, Luzern, Thurgau und Tessin.
  • Für in der Schweiz lebende Ausländerinnen und Ausländer können Schulden auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben. Die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die betreffende Person «mutwillig» Schulden angehäuft hat (Art. 63 Abs. 1 lit. b AIG und Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG). Der Beweis der Mutwilligkeit obliegt dabei der Migrationsbehörde. Wurde die betreffende Person bereits ausländerrechtlich verwarnt, ist für die Beurteilung der Mutwilligkeit entscheidend, ob sie danach weitere Schulden angehäuft hat oder Anstrengungen unternommen hat, um Schulden abzubauen, wobei auch berücksichtigt wird, ob sie dazu überhaupt eine Möglichkeit hatte. Relevant ist sodann auch die Höhe der Schulden.

Betreibung, Verlustscheine und Konkurs

Für die meisten Schulden gilt: Bleibt die Zahlung aus, so wird es früher oder später zu einer Betreibung kommen. Dies ist mit zusätzlichen (Betreibungs-)Kosten verbunden. Wenn sich die betriebene Person gegen die Betreibung wehren will, hat sie innert zehn Tagen ab Zustellung des Zahlungsbefehls «Rechtsvorschlag» zu erheben (Art. 74 SchKG). Damit wird die Betreibung automatisch gestoppt und der Gläubiger muss ein Gerichtsverfahren einleiten, wenn er weiterkommen will. In diesen Gerichtsverfahren wird die geltend gemachte Forderung respektive werden die dazu vorliegenden Dokumente geprüft und das Gericht entscheidet, ob die Betreibung fortgesetzt werden kann. Auch diese Gerichtsverfahren sind mit zusätzlichen Kosten verbunden, die letztlich diejenige Partei tragen muss, die im Verfahren unterliegt (Art. 106 ZPO).

Es fällt auf, dass nur in einem kleinen Teil aller Betreibungen von der betriebenen Person überhaupt «Rechtsvorschlag» erhoben wird. Beispielsweise gab es 2022 im Kanton Basel-Stadt bei 57’282 Betreibungen nur 3’973 Rechtsvorschläge – und nur in etwa 1’000 Fällen hat der Gläubiger daraufhin ein Gerichtsverfahren eingeleitet, um die Betreibung fortsetzen zu können. Die in Betreibung gesetzten Forderungen und die damit geltend gemachten Zinsen und Kosten werden also nur sehr selten gerichtlich überprüft.

Rechtliche Prüfung von Betreibungen

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Quelle: Statistisches Amt Basel-Stadt 2023

Hat das Gericht entschieden, dass die Betreibung fortgesetzt werden kann, und hat der Gläubiger dann die Fortsetzung beim Betreibungsamt verlangt, wird das Betreibungsamt dem Schuldner die Pfändung ankündigen oder (wenn der Schuldner z. B. mit einer Einzelfirma im Handelsregister eingetragen ist) den Konkurs androhen. Bei der Pfändung prüft das Betreibungsamt, ob die betriebene Person über Guthaben oder Wertgegenstände verfügt, die verwertet werden können, um die Forderung zu tilgen. Wenn keine solchen Vermögenswerte vorhanden sind, ermittelt das Betreibungsamt, ob von der betriebenen Person Einkommen gepfändet werden kann. Für die Dauer von maximal einem Jahr können alle Einnahmen gepfändet werden, soweit sie das betreibungsrechtliche Existenzminimum der betriebenen Person und ihrer Familie übersteigen. Das Betreibungsamt weist dafür den Arbeitgeber der betriebenen Person an, den gepfändeten Anteil ihres Einkommens monatlich direkt an das Betreibungsamt zu überweisen, soweit der betriebenen Person nicht gestattet wird, den gepfändeten Betrag selber zu überweisen, ohne dass der Arbeitgeber involviert wird (sog. «stille Lohnpfändung»).

Mit diesem Geld wird die in Betreibung gesetzte Forderung mitsamt Verzugszins und allen entstandenen Kosten beglichen. Reicht der gepfändete Betrag nicht aus, so erhält der Gläubiger für den Fehlbetrag einen sogenannten «Verlustschein». Wie die Statistik zu den Betreibungen in Basel-Stadt aus dem Jahr 2022 zeigt, führt rund die Hälfte der Betreibungen zu Verlustscheinen. Die Forderung, die in einem Verlustschein festgehalten ist, verjährt zwanzig Jahre lang nicht. Der Gläubiger kann die verschuldete Person immer wieder für den noch ausstehenden Betrag neu betreiben. Allerdings ist auf Verlustscheinforderungen kein Verzugszins mehr geschuldet.

Falls die betriebene Person der Konkursbetreibung unterliegt (z. B. weil sie über eine Einzelfirma verfügt), wird ihr nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens die Konkursandrohung zugestellt. Wird die Forderung dann nicht innert zwanzig Tagen bezahlt, so kann der Gläubiger beim Gericht das Konkursbegehren stellen. Das Gericht setzt der betriebenen Person eine allerletzte Frist und eröffnet, wenn die Forderung innert dieser Frist nicht vollständig mit Zinsen und Kosten beglichen wird, den Konkurs. Im Konkurs wird das gesamte Vermögen des Schuldners, soweit es sein Existenzminimum übersteigt, eingezogen und nach einer bestimmten Reihenfolge an die Gläubiger verteilt. Diejenigen Gläubiger, die nicht vollumfänglich befriedigt werden können, erhalten einen Konkursverlustschein. Auch bei Konkursverlustscheinen gilt eine Verjährungsfrist von zwanzig Jahren und der Verzugszins stoppt für die darin festgehaltene Forderung. In einer neuen Betreibung für die Forderungen aus Konkursverlustscheinen wird zudem das Existenzminimum des Schuldners etwas grosszügiger berechnet als bei einer «normalen» Forderung (ohne Konkurs). Daher kann ein durchgeführtes Konkursverfahren für stark verschuldete Personen von Vorteil sein. Die verschuldete Person kann auch selbst beantragen, dass der Konkurs über sie eröffnet werden soll, indem sie sich beim Gericht für zahlungsunfähig erklärt (sogenannter «Privatkonkurs», Insolvenzerklärung, Art. 191 SchKG). Dazu muss sie nachweisen, dass eine Einigung mit ihren Gläubigern nicht möglich ist, und ausserdem muss sie das Konkursverfahren vorfinanzieren. Dafür muss abhängig von der Anzahl Gläubigerinnen und Gläubiger ein Kostenvorschuss von 3’000 bis 6’000 Franken geleistet werden, damit der Konkurs überhaupt durchgeführt werden kann.

Kaum rechtliche Wege aus einer Überschuldung

Nach einem Betreibungs- oder Konkursverfahren bleiben ungedeckte Schulden als Verlustscheine (normale Verlustscheine oder Konkursverlustscheine) bestehen. In der Schweiz gibt es derzeit noch keine «Restschuldbefreiung». Es sind gesetzgeberische Bemühungen im Gange, um das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs abzuändern. Das Resultat dieser Bemühungen ist noch ungewiss.

Um wirklich schuldenfrei zu werden, besteht derzeit für den Schuldner nur die Möglichkeit einer einvernehmlichen privaten Schuldenbereinigung mit den Gläubigern (Art. 333 ff. SchKG) oder eines gerichtlichen Nachlassverfahrens (Art. 273 ff. SchKG). Ziel dieses Verfahrens ist es, dass die verschuldete Person mit ihren Gläubigern einen Nachlassvertrag schliessen kann: Im Nachlassvertrag verzichten die Gläubiger auf einen bestimmten Teil ihrer Forderung, die verschuldete Person zahlt aber jedem Gläubiger den anderen Teil seiner Forderung zuverlässig über einen vereinbarten Zeitraum ab. Unterstützt und überwacht wird sie dabei von einem gerichtlich eingesetzten kompetenten Sachwalter. Der Nachlassvertrag kann nicht nur für die verschuldete Person, sondern auch für ihre Gläubiger vorteilhafter sein als der Konkurs, denn im Konkurs gehen in der Regel die meisten Gläubiger fast leer aus.

Das Nachlassverfahren ist ziemlich aufwendig und setzt voraus, dass die verschuldete Person noch über eine gewisse Liquidität (sei dies Vermögen oder zuverlässiges Einkommen) verfügt, um den Gläubigern eine nennenswerte, aussichtsreiche Tilgungsquote anbieten zu können. Auch müssen bestimmte Gläubiger im Nachlassverfahren voll befriedigt werden. Wenn die Mehrheit der Gläubiger, die gleichzeitig zwei Drittel des Gesamtbetrags der Forderungen vertreten, oder ein Viertel der Gläubiger, die mindestens drei Viertel des Gesamtbetrags der Forderungen vertreten, dem Nachlassvertrag zustimmt und das Gericht den Nachlassvertrag geprüft und genehmigt hat, so gilt der genehmigte Nachlassvertrag auch für diejenigen Gläubiger, die ihm nicht zugestimmt haben – auch sie erhalten nur noch dieselbe Quote wie die übrigen Gläubiger. Nach Erfüllung des Nachlassvertrags wird die Person so tatsächlich schuldenfrei.