Eveline Wüthrich erfindet die Kunstbuchmesse jedes Jahr neu
I never read, I just look at pictures
Eine Buchmesse bietet Verlagen die seltene und höchst willkommene Gelegenheit, ihr Publikum vor Ort kennenzulernen, sich persönlich vorzustellen und über das Programm auszutauschen. Sie bietet Raum und Ambiente, um neue Kontakte zu knüpfen, Ideen zu entwickeln, Projekte zu lancieren. Die Kerngruppe der I Never Read, Art Book Fair Basel besteht aus der Kunsthistorikerin und Kuratorin Eveline Wüthrich, dem Künstler Johannes Willi und dem Architekten Thomas Keller.
Eveline Wüthrich, wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine Kunstbuchmesse zu veranstalten?
Die Gründung von I Never Read, Art Book Fair Basel war vor genau zehn Jahren und ziemlich spontan. Eine Plattform speziell für Kunstpublikationen parallel zur Art Basel fehlte während der Messewoche. Wir hatten zudem einen Offspace und damit die Location, die Sterne standen richtig. Schon im zweiten Jahr hatten wir doppelt so viele Aussteller:innen.
2021 soll die Art Book Fair wieder parallel zur Art Basel, sogar am selben Ort in einer Messehalle, stattfinden. Vorausgesetzt, das Virus hat nichts dagegen. Wie ist die Messe letztes Jahr abgelaufen?
Unsere Flexibilität und die Möglichkeit, auf neue und veränderte Umstände zu reagieren, haben erlaubt, dass wir trotz der Pandemie stattfinden konnten. Wir waren Gast im Schaulager und darüber besonders glücklich. Dort gab es viel Platz, um Abstände einzuhalten, und wir konnten die vorhandene Infrastruktur nutzen. Die Ausstellertische bauten wir beispielsweise aus dem Stellwandsystem des Schaulagers. Solche Partnerschaften einzugehen und ganz besonders die Nähe und inhaltliche Verbindung zu anderen Kunstinstitutionen sind uns sehr wichtig.
Wer darf teilnehmen? Sind es vor allem Kunstverlage oder Galerien, die Kataloge und Künstlerbücher produzieren? Und wie viele Teilnehmende habt ihr pro Jahr?
Wir sind sehr integrativ und wollen möglichst breit aktuelles Kunstbuchschaffen zeigen. Ausstellerinnen und Aussteller können sich bewerben, andere Initiativen laden wir ein. Die Kosten für einen Messestand sind relativ bescheiden, um möglichst niemanden auszuschliessen. Der CMV ist einer von unseren treuen Ausstellern, von Anfang an dabei und Garant für lokale Verankerung. Grosse Kunstbuchverlage gehören ebenso dazu wie kleine Magazine, Fanzines und Künstlerinnen und Künstler. In den letzten Jahren hatten wir jeweils zwischen 70 und 100 nationale und internationale Aussteller:innen.
Hat die Buchmesse jeweils ein Schwerpunktthema?
Ja, die Messe hat alljährlich ein besonderes Thema, 2019 waren das Muscheln, 2020 nicht existierende Bücher. Der Fokus für 2021 wird aus den Erfahrungen der Corona-bedingten Einschränkungen zwischen digital und analog wechseln. Wir machen ein Jubiläumsbuch, in dem man mithilfe einer App Kurzvideos fürs Handy aufrufen kann, zum Beispiel von Aussteller:innen, die nicht nach Basel kommen können.
Du hast gesagt, dass du etwa die Hälfte des Jahres für die Organisation von I Never Read arbeitest. Das ist ein massiver Aufwand. Woran liegt das? Ist es nicht nervig, dass ihr keinen fixen Standort habt?
Nein, im Gegenteil, Neuerungen und Änderungen halten einen aktiv und machen es spannend. Das gilt für mich als Organisatorin ebenso wie für unsere Ausstellerinnen und Aussteller und das Publikum. Gerade die Frage der Location hat grossen Einfluss auf die Messe. Die Vertiefung in ein Fokusthema und die Kommunikation mit allen Involvierten machen die Arbeit sehr abwechslungsreich. So kann ich die Geschichte immer wieder neu erfinden.
Lokal seid ihr gut vernetzt. Habt ihr vor, die Messe auszubauen oder andere Aktivitäten der Vermittlung zu starten?
Ja, wir wollen in Zukunft neben den Messe-Tagen das ganze Jahr über vermehrt präsent sein. Als Beispiel sind wir mit dem Kunstmuseum Basel im Gespräch, um gemeinsame Formate zu entwickeln. Damit wollen wir neue Leute dazuholen und neue Kreise öffnen. Die lokale Vernetzung ist naheliegend und sinnvoll. Aber wir sind auch international gut eingebunden und pflegen viele Kontakte weit über die Grenzen hinaus.
Und schliesslich mache ich jetzt noch etwas Werbung: Vom 20. bis 26. September 2021 findet I Never Read, Art Book Fair Basel im Mezzanin der Messehalle 1 Süd statt. Der Eintritt ist gratis, ein Besuch ist nur zu empfehlen.