Braswell Arts Center
«Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt»
Lisa Braswell plante im Gründungskurs des Vereins Crescenda die Eröffnung einer Cupcake-Bäckerei. Dazu kam es nie. Stattdessen führt sie heute das Braswell Arts Center mit einem Team von 30 Personen. Ab August soll das Unternehmen noch ein gutes Stück wachsen.
Es ist neun Uhr an einem Mittwochmorgen. Lisa Braswell empfängt im Braswell Arts Center (BAC) zum Interview, während die erste Ballettklasse beginnt. Das BAC ist in erster Linie eine Tanzschule. Bis abends um halb zehn laufen heute die Kurse, viele sind ausgebucht. Lisas Mann Armando Braswell begrüsst jede Schülerin persönlich. Die beiden führen das BAC gemeinsam. «Er ist ein Visionär und das Gesicht des BAC», sagt sie. Doch in vielen Dingen und auch formell ist Lisa der Boss. Sie fungiert als Direktorin und führt die Administration des Unternehmens.
RADAR: Lisa, Sie stammen aus New York. Warum kamen Sie nach Basel?
Lisa Braswell: Armando bekam 2012 ein Engagement als Tänzer beim Ballett Basel, und so zogen wir hierher.
Was machten Sie damals beruflich?
Ich bin ebenfalls ausgebildete Tänzerin, arbeitete in New York in der Administration einer Firma für Tanz-Videos und in Stuttgart in einer Kinderkrippe. Vor dem Umzug nach Basel kam unser zweiter Sohn zur Welt und ich blieb mit den Kindern zu Hause.
Wie kam es, dass Sie 2015 den Gründungskurs bei Crescenda besucht haben?
Ich backe leidenschaftlich gern und für die Premierenfeiern von Armando machte ich Cupcakes. Die Leute mochten sie so sehr, dass sie Bestellungen aufgaben. So entstand die Idee eines Cupcake-Geschäfts. Ein Kollege erzählte von Crescenda und ich meldete mich an. Die Abschlusspräsentation machte ich zur Firma «Sweets by Lisa».
Die Sie nie eröffnet haben.
Ja, dazu kam es nicht. In meiner damaligen Lebenssituation mit zwei kleinen Kindern war es schlicht nicht möglich, den ganzen Tag zu backen.
Wie sind Sie zu Ihrem heutigen Unternehmen gekommen?
Im Jahr 2015 übernahm Armando eine Ballettklasse mit neun Schülerinnen. Wer Armando kennt, weiss: Wenn er mit neun Leuten etwas anfängt, sind es bald hundert. Er denkt gross und ist voller Ideen, die er erfolgreich umsetzt. Aber er hatte keine Zeit für die Administration, also übernahm ich diesen Part. 2017 gründeten wir das BAC.
Welche Rolle spielte dabei der Gründungskurs?
Eine grosse Rolle. Ich war sehr eingespannt mit den Kindern. Die Kurse bei Crescenda gaben mir die Chance, vom Alltag wegzukommen und mir zu überlegen, was ich kann und möchte. Was ich über Finanzen, Marketing und Firmengründung lernte, war enorm hilfreich. Ebenso wichtig war, dass ich Vertrauen in meine Fähigkeiten entwickelte.
Was trug der Kurs dazu bei?
Die Lehrpersonen haben uns sehr gut begleitet. Wir bekamen individuelles Coaching, hatten aber auch Austausch in der Gruppe. Ich sah, welche Ideen und Probleme die anderen mitbrachten und realisierte, dass ich nicht allein bin.
Gab es nach Kursabschluss Kontakte zu Crescenda?
Ja. Als wir das BAC gründeten, waren wir unerfahren. Wir haben uns auf Juristen verlassen, die uns nicht gut beraten haben. Als wir das merkten, wandte ich mich an die Leiterin von Crescenda. Sie ging die Verträge mit mir durch und vermittelte mir einen guten Anwalt. Das hat uns gerettet.
Sie planen, das BAC zu vergrössern und eröffnen im Sommer am Aeschenplatz neu. Warum?
Es gibt zwei Gründe: das bisherige Wachstum und die Corona-Pandemie. Wir haben 350 Mitglieder und führen Wartelisten. Wir möchten aber den Zugang zu Tanz und Kunst allen Interessierten ermöglichen. Wichtig ist uns, auch finanziell benachteiligten Kindern Kursplätze zu bieten, wir arbeiten mit der Kulturlegi und dem Familienpass zusammen. Um all das umzusetzen, brauchen wir mehr Platz.
Was hat das mit Corona zu tun?
Die Pandemie hat uns hart getroffen, wir mussten sieben Monate schliessen. Davon haben wir uns noch nicht erholt. Wir müssen wachsen, um zu überleben. Am Aeschenplatz werden wir drei Studios haben und können mehrere Kurse parallel anbieten.
Wie finanzieren Sie die Expansion?
Wir betreiben intensiv Fundraising. Von aussen mag es wirken, als würde alles von allein laufen, da wir professionell auftreten. Aber wir tragen mit dem Umzug enorme Risiken, ohne Unterstützung schaffen wir es nicht.
Sie kamen als Vollzeit-Mutter nach Basel, heute sind Sie Managerin auf Expansionskurs. Wie fühlt sich das an?
Ich bin überzeugt von unseren Plänen und freue mich auf das Neue – zugleich habe ich Angst davor. Ich schwanke zwischen «Wir schaffen es nie» und «Es wird grossartig!» Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Aber ich lerne Tag für Tag, damit umzugehen.
Crescenda ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Basel. Als Gründungszentrum für Kleinstunternehmen begleitet die Institution Frauen mit Migrationserfahrung auf dem Weg in eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Integration. Die CMS unterstützt das Crescenda-Projekt Fit4more in den Jahren 2019 bis 2022 mit einem Beitrag von CHF 300'000. Das dreiteilige Projekt umfasst Beratung, Coaching sowie Begleitung in die Selbstständigkeit oder bei einer Anstellung und fördert den Aufbau eines Netzwerkes von Absolventinnen, Unternehmen, Mentor:innen und Gönnern.
Lisa und Armando Braswell beschreiben das BAC als «Raum für Kreativität, Zusammenarbeit und Innovation in allen Kunstformen». Der Schwerpunkt liegt auf Tanzunterricht, zudem gehören Feriencamps für Kinder, Ausstellungen und weitere Events zum Angebot.