Das dreimal jährlich erscheinende Online Magazin RADAR der Christoph Merian Stiftung informiert über die Hinter- und Beweggründe des CMS-Engagements.

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Die Iris-Sammlung in den Merian Gärten

Farbenpracht und Zeitgeist

Iris Sammlung
FOTOS: KATHRIN SCHULTHESS TEXT: ALEXANDRA BAUMEYER

«Raritäten für den Botanischen Garten», titelte die Basler Woche im November 1969. Die deutsche Gärtnerin und Botanikerin Helen Gräfin von Stein-Zeppelin hatte ein neues Zuhause für ihre Bart-Iris gesucht und verschenkte sie nach Basel. Mit über tausend Sorten, darunter seltene sowie selbst gezogene Exemplare, handelte es sich um die grösste und bedeutendste Sammlung Europas. Sie wurde in den damals frisch gegründeten Merian Gärten gepflanzt und begeistert bis heute Fachleute und Laien.

Seit gut 50 Jahren setzt sich die CMS mittlerweile für den Erhalt der Bart-Iris-Sammlung, für dieses einmalige Kulturgut, ein. Pflanzen als Kulturgut deshalb, weil Zierpflanzensorten keineswegs «natürlich», sondern Ergebnis jahrelanger, gezielter Zuchtbemühungen sind und immer auch einen bestimmten Aspekt der Geschichte der Hortikultur beleuchten. Sie spiegeln sozusagen den Zeitgeist. Das drückt sich nicht nur in den Namen aus, etwa ‹Gracchus› oder ‹Khedive› für das Bildungsbürgertum der 1880er-Jahre und ‹Tequila Sunrise› oder ‹Neon Rainbow› für die discoverrückten 1970er. Auch äusserlich zeigen die Pflanzen auf, was zu ihrer Entstehungszeit en vogue war: klein und zierlich, gerüscht und üppig, in gedeckten oder ausgefallenen Farben. In der Iris-Sammlung lässt sich der modische Wandel beobachten.

Die Pflege der heute 1'500 Sorten umfassenden Sammlung ist aufwendig. Die Rhizome, die unterirdischen Sprossachsen der Iris, dürfen nicht zu eng zusammenwachsen. Sonst würden sich die Sorten nicht mehr unterscheiden lassen. Das bedeutet, dass sämtliche Pflanzen alle fünf Jahre ausgegraben, gekürzt und neu einpflanzt werden – eine Arbeit, die mehrere Wochen dauert.

Iris Sammlung 02

Die Merian Gärten pflegen die Sammlung mit dem Ziel, sie vollständig und langfristig zu erhalten. Viele der Sorten sind historisch und im Handel nicht mehr erhältlich. Die Gräfin hatte viele ihrer Pflanzen direkt von den Züchtern bezogen. Es handelt sich also um Originale, die durch vegetative Vermehrung noch heute existieren. So gilt die Iris-Sammlung denn auch als Referenzsammlung, in der ursprüngliche Exemplare zahlreicher Sorten hinterlegt sind. Die Merian Gärten teilen das Wissen um Sorten und Sammlung im internationalen Netzwerk der botanischen Gärten und der Vereinigungen zum Erhalt von Zierpflanzen, damit die Sorten und die Kulturleistung, die in ihnen steckt, weiterleben können.

Rund hundert Jahre, nachdem Helen von Stein-Zeppelin ihre erste Iris pflegte, hat die daraus entstandene Sammlung heute eine Ausstrahlung und Bekanntheit, die rund um den Globus reicht. Dass die CMS damals den Wert der Sammlung erkannte und sich bis heute dafür einsetzt, ist ein Glücksfall für die Geschichte der Zierpflanzen. So sind die Iris in den Merian Gärten ein Highlight in der Gartenlandschaft Europas und ein weltweit einmaliges Kulturgut, das täglich und kostenlos von der Öffentlichkeit genossen werden kann.